Das Gabler Wirtschaftslexikon definiert «Service» mit entweder einer freiwillig erbrachten Leistung oder einer «nicht-produktualisierten» Kern- oder Zusatzleistung eines Unternehmens. Drittens listet der Artikel dann noch die vom Kunden erlebte besondere Aufmerksamkeit. Letzteres würden wir heute wohl Customer Experience nennen. Die Definition ist schon deshalb aktualisierungsbedürftig, als im Zuge des digitalen Wandels Services eben immer mehr «produktualisiert» werden. Services werden durch Software immanenter Bestandteil eines Produkts – und die Vernetzung über das Internet und in die Cloud sorgt hier für zusätzliche Dynamik.
Beispiele gefällig? Mobilitätsdienste, die den Funktionsreichtum eines Connected Cars immer weiter erhöhen, sind inzwischen ebenso wichtige Verkaufsargumente wie Fahrdynamik, Verbrauch oder Preis. In der Küche wiederum zieht sich ein Thermomix Rezepte aus dem Web, ordert der Kühlschrank Lebensmittelnachschub, achten Sensoren im Ofen auf den gewünschten Bräunungsgrad. Jeff Bezos hat sein Unternehmen Amazon komplett um Services herum aufgebaut, die vom Lieferservice über die größte Produktsuchmaschine, Video- und Musik-Angebote bis zur aufs Wort hörenden Alexa reicht. Im Internet der Dinge, in dem schon mehr als zehn Milliarden Teile vernetzt sind, werden aus Daten Informationen und aus Informationen Services.
So funktioniert der digitale Wandel. Er dient eben nicht in erster Linie dazu, schneller zu produzieren und dabei weniger Kosten zu verursachen. Die disruptive Wirkung der Digitalisierung besteht darin, dass sie die Fertigung flexibilisiert, Produktwelten verändert, Kundenbeziehungen integriert und ganze Branchen revolutioniert. Und all dies geschieht, weil in der Fertigung, in den Produkten und in der Kundenbetreuung diese mit Services aus dem Internet ergänzt werden, die das Geschäftsmodell ganzer Branchen auf den Kopf stellen. Aus einer klassischen Business-to-Business-Beziehung (B2B) wird plötzlich eine komplexe B2B2C-Kette in der der Kunde zum mitbestimmenden „Prosumenten“ wird.
Doch für die meisten mittelständischen Unternehmen in Europa reduziert sich Digitalisierung noch immer auf den Ersatz analoger Steuerungen durch computerisierte Systeme. Aber eine Fertigungsmaschine reagiert nicht dadurch flexibler auf Kundenwünsche, weil sie digital ist. Flexibilität ist vielmehr ein Service, der durch das Zusammenspiel vieler Komponenten in Produktion und Planung entsteht. Es geht darum, digitale Welten zu neuen Prozess- und Informationsketten zu verknüpfen.
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